Wird der Ort Ahrenshoop an der Küste von Mecklenburg-Vorpommern trotz der Überbauung und der Ignoranz gegenüber den Künstlern der Gegenwart Anziehungspunkt für Künstler bleiben? Das malerische Licht lockt nach wie vor die Maler an die Ostseeküste, jedoch hat sich das Erscheinungsbild radikal verändert.
Wird nur das künstlerische Erbe erhalten? Wie präsentiert die Gemeinde ihre Identität für die Künstler von heute?
BuhnenblickFarben des Winters SturmnachtWinterlicht NebelsturmAbendlichtFischland
Weit aufs Meer hinaus fällt der Blick. Die Landschaft hat sich verändert. Das Meer nagt gewaltsam am Hohen Ufer.
Sturmschäden Aufforstungen Küstenschutz für 5 Mio Euro Das Meer holt sich was es will
Ahrenshoop bewahrt den Künstlern der Gründergeneration ein museales Andenken. Der Ort ist ein aufgeschlagenes Bilderbuch der Vergangenheit.
Lichtspiel, Acryl, 2022, LK
Es ist keine Künstlerkolonie mehr im ursprünglichen Sinne, nur wenige Künstler sind hier noch ansässig. Mit seinen vielfältigen Angeboten zieht es allerdings noch temporär die Menschen an.
Titelbild: „Dorfansicht Fischland“ von S.R. aus DD
In dieser Form zum letzten Mal machen sich die Teilnehmer meiner Studienreise auf nach Ahrenshoop. Malerei am Meer, durchzogen mit den Grossthemen „Inspiration/ Skizze/ Komposition/ Malerei“…
Winterlicht Die Farben des Winters Strukturen Am Meer, Mixed Media, 2020, Liane KäsDie Farbe BlauBlickwechsel Wahrnehmung
Paul-Müller Kaempff gilt als Gründervater und prägende Persönlichkeit der Ahrenshooper Künstlerkolonie. Er entdeckte das Dorf mit seinem Kollegen, dem Tiermaler Oskar Frenzel zufällig, als beide 1889 am Hohen Ufer entlang spazierten.
Von ihm ist überliefert, wie sie überrascht und entzückt auf dieses Bild von Frieden und Einsamkeit blickten: „…Überall nur Dünen, Wald und See, nur dieses Dörfchen, dahinter nirgends mehr ein Haus. Und in der Ferne die dunkle Linie des Darß…“ Das war ein Studienplatz, wie er ihn sich immer gewünscht hatte!
130 Jahre später können wir nur noch feststellen, dass dieser Studienplatz systematisch zerstört wurde und wird und dass die Profitgier mehr zählt, als die Möglichkeit am Meer als Maler zu studieren.
Boddenlandschaft, Acryl, Liane Käs, 2020
Anlässlich des 160. Geburtstages und 80. Todestages von Paul Müller-Kaempff zeigt der Kunstkaten und das Hotel Fischerwiege die Ausstellung „Wolkenschatten“. Ansichten einer Landschaft und eines Ortes, die so nicht mehr existieren. Bilder einer anderen Zeit.
Nehmen wir Abschied von diesem einstmals bezaubernden Fleckchen Erde und nehmen Erlebnisse und Erinnerungen aus vielen schönen und besonderen Studienreisen mit!
Schließen wir nun vorerst nochmal das Tor zur Vergangenheit und freuen uns auf erste sonnige Frühlingstage am Meer, zum vorerst letzten Mal auf gemeinsames Arbeiten im Atelier „Strandhalle“ und auf gute Stunden drumherum.
…nimm die Bewegung der Meereswelle nicht nur mit deinen Augen wahr, sondern auch mit deinen Emotionen. Das ewige Heranrollen, Kommen und Gehen der Wellen kann man nicht festhalten mit den Augen. Das kann man nur mit der inneren Vorstellungskraft….
Die einen probieren die Farben nach Lust und Laune und kombinieren munter drauf los. Die anderen studieren ihre Farbkonzepte und arbeiten planerischer. Alle in jedem Fall mit viel Freude an den Möglichkeiten!
Beispiel Lebensbäume: Aquarell trifft Tinte, pusten und sprühen
Aquarell trifft Spachtelmasse
An den Windflüchtern kommt kaum ein Maler vorbei. Vom Wind gebeugt halten sie aus an der Küste und stemmen sich gegen die Stürme des Lebens… bis das Meer sie holt.
Noch entbehren wir die schönen Herbsttage hier in Ahrenshoop und mühen uns im Atelier mit Malgerät und Farben. Die kleinen Fischerkaten, die sandigen Dünenwege, das Meer und der Bodden, das Steilufer und der Darßwald locken uns Malfrauen Jahr für Jahr her. Die Motive sind alle bekannt und schon oft gemalt worden. Und doch … auf ein Neues!
Die Zeichnung ist der wichtige Eintritt in die Welt der Bild-Komposition: Meerblicke und Küstenlinien
Welche Farben benutzen, welcher Pinsel kann was, welche Hilfsmittel eignen sich, womit zeichnen und… worauf, wohin? Auf ein unwichtiges Papier? In ein hochwertiges Skizzenbuch? Und überhaupt: immer wieder der Kampf mit den Aquarellpapieren, die ja alle irgendwie ein Eigenleben führen…!
Also beginnen wir mit den Grundtechniken: Lavur, Lasur und granulieren, Auswaschtechnik, spritzen und sprühen, Maskieren. Probieren wet-wet, dry-wet und das an Himmellandschaften:
Stiller Herbsttag, Sturm, Abendlicht und Morgenröte… und jede, so gut sie kann.
Aquarellmalerei ist und bleibt eine Kunst die gleichermaßen lockt und schreckt, die begeistert und frustriert. Doch die wahren Wegbegleiter sind Geduld und Übung, Freude am Ausprobieren und AUSDAUER.
So lockte das Motiv am Nachmittag mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten und dem Anwenden der verschiedenen Techniken, währenddessen draußen der Regen von silbergrau zu dunkelgrau den Tag verdunkelte.
Atelier LK unterwegs, Oktober 2021
Doch über 130 Jahre sind vergangen, seit dieser besonderer Ort entdeckt wurde.
…statt dessen: Chaos im Kopf und auf dem Aquarell-Papier. Wie lässt sich das ordnen, wie bekommen wir mehr Klarheit in dieser Maltechnik?
„Würdest du mir bitte den malerischen Weg zeigen, Schritt für Schritt, wie das geht?“
Ja, ihr braucht Farben und Pinsel, Wasser und Papier… und wir üben zuerst in vier Schritten „Alle Wetter am Himmel“.
Der Himmel über Sylt zeigt sich jeden Tag neu.
Neben den traumhaften Himmelsbildern sind vom Krebs bis zur Fähre in List die Inspirationen unzählig.
Das Chaos wird verstärkt durch spritzen, sprühen und Farben laufen lassen!
Dann kam ein stürmischer Nachmittag. Und wir hatten Zeit über Buddhas Worte nachzudenken: „Lass trübes Wasser zur Ruhe kommen, dann wird es klar werden.“
„… Er erinnerte sich, wie er fluchend zwischen hunderten von Skizzenblättern seine Veduten entworfen hatte. (…) Damals wollte er eine nach Perspektive UND Augenschein perfekte Ansicht. Das wollte und wollte aber nicht gelingen. Entweder stimmte die Perspektive, dann war der Gesamteindruck unbefriedigend oder die Details waren nach ihrer optischen Wichtigkeit genau herausgearbeitet, aber die Größenverhältnisse stimmten nicht. Er brauchte eine Weile, bis er heraus gefunden hatte, dass ab einem bestimmten Punkt künstlerische Perfektion und Genauigkeit nur durch Ungenauigkeiten zu erzielen waren. (…)“
(Aus: „Canaletto. Seine Jahre in Dresden. Ein Roman von R. Nürnberger“)
Links oben eine Kopie des berühmten Gemäldes von Canaletto vom Marktplatz in Pirna samt einer der Original-Skizzen aus der „Camera Obskura-Sänfte“.
Zeichnungen LK, 2021
Diese obigen Canaletto- Worte begleiteten uns auf wohltuende Weise bei unseren Skizzen, Zeichnungen und Bildern.
Hier eine Auswahl am Ende der Studienwoche:
Eine wunderbare Woche mit besonderen Menschen und anregenden Gesprächen und Sternschnuppen ist beendet. Danke an Herrn Reindl vom Kunsthof Maxen und an alle Teilnehmer!